Untersuchungen zur Diagnose von Myelofibrose
Um eine Myelofibrose festzustellen, sind verschiedene Untersuchungen notwendig, die im Folgenden kurz dargestellt werden.
Blutuntersuchung – wichtig, aber allein nicht ausreichend
Mithilfe einer Blutuntersuchung kann der Arzt wichtige, für eine Myelofibrose typische Veränderungen der Blutzellen feststellen. Dazu zählen z.B. eine Anämie und eine veränderte Zahl von Blutplättchen.1, 2, 3 Allerdings können diese Veränderungen auch bei anderen Erkrankungen auftreten. Eine Blutuntersuchung liefert deshalb wichtige Hinweise auf eine Myelofibrose, ist allein aber nicht ausreichend für eine sichere Diagnose.
Tasten, Ultraschalluntersuchung oder Magnetresonanztomografie (MRT) des Bauches
Bei den meisten Menschen mit einer Myelofibrose ist die Milz stark vergrößert (1 Splenomegalie). Auch die Leber kann im Verlauf der Erkrankung anschwellen (Hepatomegalie). Zwar verschafft sich der Arzt bereits durch das Abtasten des Bauches einen ersten Eindruck von Milz und Leber, zur genaueren Einschätzung wird er jedoch in der Regel zusätzlich eine Ultraschalluntersuchung (2 Sonografie) oder eine Magnetresonanztomografie (3 MRT) der Bauchorgane durchführen. Beide Untersuchungen sind vollkommen schmerzfrei und erfordern keine Röntgenstrahlung.1, 3
Knochenmarkuntersuchung
Die Untersuchung des Knochenmarks ist eine der wichtigsten Methoden, um die Diagnose „Myelofibrose“ abzusichern und zu bestimmen, wie stark die blutbildenden Zellen bereits durch Bindegewebe verdrängt wurden.1, 3 Die Untersuchung, die in der Fachsprache auch als Knochenmarkpunktion bezeichnet wird, ist ein ambulanter Eingriff, der meist unter örtlicher Betäubung erfolgt. Die Knochenmarkpunktion wird übrigens häufig mit einer Rückenmarkpunktion verwechselt, bei der im Bereich der Lendenwirbelsäule Nervenwasser entnommen wird.
Bei einer Knochenmarkpunktion hingegen entnimmt der Arzt mit einer Hohlnadel eine kleine Menge Knochenmark aus dem Beckenknochen (genauer: dem Beckenkamm). Ein auf Knochenmarkserkrankungen spezialisierter Facharzt (Pathologe) untersucht anschließend die Gewebeprobe unter dem Mikroskop. Hierbei analysiert er die Beschaffenheit der entnommenen Zellen (Zytologie) und ob bzw. in welcher Weise das Knochenmarkgewebe verändert ist (Histologie). Die Ergebnisse der Knochenmarkpunktion sind für die nachfolgende Behandlung von großer Bedeutung.3
Genetische Untersuchungen
Für die zytogenetische und die molekulargenetische Untersuchung ist lediglich eine Blutentnahme erforderlich. Das Blut schickt der Arzt an ein genetisches Labor, das das in den Blutzellen enthaltene Erbmaterial unter anderem auf charakteristische Erbgutänderungen im JAK2-, CALR- und MPL-Gen sowie auf weitere Mutationen untersucht. Das Ergebnis liegt in der Regel innerhalb weniger Tage vor.1, 3
Wann gilt die Diagnose „Myelofibrose“ als gesichert?1
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat bestimmte Kriterien festgelegt, die für die Diagnose einer Myelofibrose erfüllt sein müssen. Dabei unterscheidet die WHO drei Hauptkriterien, von denen alle zutreffen müssen, sowie mehrere Nebenkriterien, von denen mindestens eines erfüllt sein muss.1, 2, 3
Hauptkriterien:
- Typischer Knochenmarksbefund, also z.B. vermehrtes Bindegewebe (Fibrose) und verstärkte Vermehrung unreifer Blutzellen
- Nachweis einer typischen Mutation, z.B. JAK2, CALR oder MPL
- Ausschluss einer anderen Knochenmarkserkrankung
Nebenkriterien:
- Typische Veränderungen im Blutbild (z.B. unreife weiße und rote Blutkörperchen)
- Blutarmut (Anämie)
- Vergrößerte Milz (Splenomegalie)
- Weiße Blutkörperchen > 11 x 109 pro Liter
- Erhöhte Laktatdehydrogenase (LDH)
Bei einer fortgeschrittenen Myelofibrose gilt als Nebenkriterium auch das Vorkommen von unreifen Blutzellen im „peripheren“ (aus der Armvene entnommenen) Blut. Bei gesunden Menschen finden sich solche Zellvorstufen nur im Knochenmark.
Die Praxis zeigt, dass sich die Myelofibrose auch sekundär aus einer Essenziellen Thrombozythämie (ET) oder einer Polycythaemia vera (PV) heraus entwickeln kann. In diesem Fall sehen die Diagnosekriterien wie folgt aus:1
Post-ET-Myelofibrose |
Post-PV-Myelofibrose | |
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Hauptkriterien |
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Nebenkriterien |
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> 10% Gewichtsverlust in 6 Monaten, Nachtschweiß, ätiologisch ungeklärtes Fieber (> 37,5° C) |
An welchen Arzt sollte ich mich bei Verdacht auf eine Myelofibrose wenden?
Die Myelofibrose ist eine seltene Erkrankung, die daher selbst unter Ärzten noch immer relativ unbekannt ist. Viele Mediziner kommen in ihrer gesamten Berufslaufbahn nicht mit der Erkrankung in Kontakt. Hinzu kommt, dass die Myelofibrose gerade im Anfangsstadium Symptome verursachen kann, die auch bei anderen Erkrankungen vorkommen. Dies erschwert die Diagnostik zusätzlich.3
Erfahrungswerten zufolge werden die ersten Anzeichen für die Erkrankung deshalb oft falsch gedeutet. Spätestens wenn der Arzt eine vergrößerte Milz oder anhaltende Veränderungen im Blutbild feststellt, sollte der Patient zur weiterführenden Diagnostik an einen Hämatologen überwiesen werden. Das ist ein Facharzt für alle Erkrankungen des Blutes und der blutbildenden Organe. Er kann durch die oben genannten, gezielten Untersuchungen eine genaue Diagnose stellen.3